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Wie es mir eigentlich geht

Ich tue mir tatsächlich schwer mit dieser Frage. Weil ich nicht weiß, was Gutgehen ist. Weil es immer irgendwas gibt, das nicht passt. Oder gibt, das kommen wird und ein mittelgroßes bis riesen Hindernis sein wird. Wie soll man da richtig wissen, wann genau es einem gutgeht. Ist das für diesen Moment? Dann müsste ich aber den Kopf abstellen, damit der Moment bleibt. Oder sollte es einem länger gutgehen, damit es gut geht? Dann müsste man aber so viel mit einbeziehen.

Herr V. mochte die Skala von Eins bis Zehn und Eins war sehr schlecht und Zehn sehr gut. Meist war es irgendwas um die Drei. Manchmal auch Eins. Über Fünf kam ich aber nie. Eine Vier war auch sehr selten. Oft fand ich es lästig, mein Wohlbefinden in einer dummen Zahl auszudrücken. Das war ja schließlich so viel mehr. Aber wahrscheinlich hatte es einen Sinn für ihn. Vielleicht sollte ich es so besser einordnen können. Albern fand ich es aber dennoch und die Zahlen waren sich in all den Jahren sowieso immer sehr ähnlich.

Meine Zahlen heute

Ich dachte letztens schon darüber nach, welche Zahl es heute ist, wenn Herr V. fragen würde. Oder in welchem Bereich ich mich bewege. Wahrscheinlich über Fünf. Vielleicht wäre Vier die neue Eins und Sieben die neue Grundstimmung. An diesem heutigen Tag ist es eine Fünf. An anderen bestimmt auch die Sieben, Acht oder Neun. Verrückterweise gab es auch schon Zehnen. Aber nichtsdestotrotz fällt es mir oft immer noch schwer, das einzuordnen. Was ist die Grundlage?

Manchmal fragen Freunde und Kollegen, wie es mir geht. Wenn ich weiß, es ist eine Floskel, sage ich gut. Weil man das so macht. Aber selbst dieses Floskelgut geht mir ab und an schwer über die Lippen. Es ist mir fremd, auch wenn es mir im Grunde gut geht. Manchmal bin ich ehrlich und mir geht es nur halbwegs gut, weil ich zum Beispiel schlecht geschlafen haben. Aber auch das ist nur Smalltalk.

Also wie geht es mir? Man frage das eine ehemalige Depressive und ihr fällt immer noch etwas ein, das genau in diesem Moment eben nicht gut ist, obwohl drumherum eigentlich alles gut ist. Deshalb sollte ich mich vielleicht lieber wieder mit Herr V.’s Zahlen beschäftigen. Die machen es klarer. Und vielleicht war genau das der Sinn dahinter. Zu erkennen, dass es mir heute gut geht.

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