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Diagnose selektiver Mutismus

Als ich die Diagnose bekam, war ich in der Klinik. Beiläufig in einer Einzeltherapie hörte ich die zwei Wörter zum ersten Mal. Selektiver Mutismus. Herr V. benutzte sie als sei es glasklar. Als gibt es nichts daran zu rütteln, dass ich selektiven Mutismus habe. Für mich war allerdings noch gar nichts klar, denn ich wusste nicht, was das sein soll.

Schon vorher hatte ich viel im Internet gelesen. Weil man natürlich herausfinden will, was mit einem nicht stimmt. Aber über Mutismus bin ich damals nie gestolpert. Für am wahrscheinlichsten hielt ich, dass ich unter Sozialphobie litt. Das passte am besten. Ich hatte schließlich ab und an Angst, wenn Menschen ins Spiel kamen. Deshalb habe ich viel Zeit in Foren verbracht und Lebensgeschichten gelesen. Allerdings habe ich mich da auch nie richtig gefühlt. Es gab einige Parallelen. Aber richtig hingepasst habe ich da auch nicht. Denn allein schon, dass ich in einer mutistischen Blockade oft gar nichts fühlte, und erst recht keine Scham, passte da nicht hin.

Okay. Dann keine soziale Phobie. Sondern selektiver Mutismus. Als ich wieder in meinem Klinikzimmer war, musste ich das sofort aufschreiben. Damit ich es nicht vergesse, um am Wochenende selbst im Internet lesen zu können. Und als ich dann einige Tage später so las, habe ich mich zum ersten Mal richtig gefühlt. Je mehr ich las, desto klarer und richtiger wurde alles. Ich landete im Mutismus-Forum und jeder Beitrag hätte von mir sein können. Ich war also tatsächlich nicht alleine damit. Da gab es doch noch Menschen, die genauso nicht sprechen können, obwohl sie es doch können. All das löste zwar die Probleme nicht, aber ich war ab sofort richtiger.

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