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Zerbrechlich

Auch wenn sich inzwischen so viele Dinge gefestigt haben, scheint mir mein Leben immer noch so zerbrechlich. Rational ist es nicht so. Es gibt Dinge, die man nicht verneinen und einfach wegstreichen kann. Emotional stehe ich aber mit einem Fuß in der Vergangenheit. Stehe im Mutismus und in der Angst, sodass ich zurück katapultiert werden könnte. Zumindest ein bisschen.

Wahrscheinlich fällt man irgendwo und irgendwann auch immer mal wieder auf die Nase. Aber kann man so weit zurück fallen? Geht das? Komme ich tatsächlich fünfzehn Jahre zurück, sodass ich nicht mehr selbst aufstehen könnte? Sodass ich wieder endlos verloren sein könnte?

Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich geht das. Irgendwie muss ich schließlich auch damals da hingekommen sein. Oft richte ich mein Leben heute jedenfalls danach aus. So, als könnte es jeden Moment zerbrechen.

7 thoughts on “Zerbrechlich

  1. Leben findet immer im Jetzt statt. Von Minute zu Minute immer im Jetzt.

    Aus der Vergangenheit kommt all das, was du weißt und kannst und was du auf dem Weg bis heute erfahren hast. Auch die Erfahrung der Jahre, in denen du den Mutismus hinter dir gelassen hast.

    Dahin, wo du vor fünfzehn Jahren warst, wirst du nicht wieder zurückkommen. Falls dein Leben in Zukunft wieder mal schwierig werden sollte, dann wäre es ein Leben, von dem du vor fünfzehn Jahren nicht im entferntesten geglaubt hast, dass es jemals so werden würde, wie es jetzt ist.

    Früher heißt „früher“, weil es heute vorbei ist.

  2. Liebe Mara,
    ich freue mich immer, wenn ich eine Mail im Postfach habe, dass Du einen neuen Beitrag geschrieben hast! Vielen Dank!
    Zu dem was Du heute schreibst, habe ich thematisch auf meinem Blog in den letzten drei Tagen Perspektiven dreier gorßen Geister gepostet:https://www.das-kleine-kind.de/unbedingtes-ja-zum-leben-hesse/

    https://www.das-kleine-kind.de/unbedingtes-ja-zum-leben-rilke/

    https://www.das-kleine-kind.de/das-leben-aus-anderer-perspektive-morgenstern/

    Herzliche Grüße von Judith

  3. Ich denke speziell als Mutist hat man eine „Furcht“ vor Glück. Vielleicht ist Furcht auch das falsche Wort. Eher eine Abneigung, weil man sich aus den Situationen der Vergangenheit kennt, in denen man absolut schwach oder hilflos war.
    Diese Zerbrechlichkeit rührt also von der Erkenntnis her, man könne in sein altes Muster fallen, welches eigentlich als bewältigt gilt. Ich bin ein Typ, der Glück nicht ab kann. Nicht, weil ich es nicht akzeptieren oder wertschätzen kann. Sondern eher aus der Tatsache, weil ich mich nicht daran gewöhnen möchte, wenn etwas langfristig gut läuft. Dann kommt eine Erwartungshaltung, dass es bald wieder bergabgehen wird, als wenn du in einer Achterbahn sitzt, die ständig nach oben fährt. Und du krallst dich im Sitz fest, weil es irgendwann wieder nach unten gehen muss.

    Das Schwerste ist wohl, zu lernen, sich nicht dauerhaft im Sitz festzukrallen. Sondern erst dann, wenn es nötig ist. Für mich hilft es, wenn ich nihilistisch an den Tag gehe, nichts von ihm erwarte und es einfach nehme, wies kommt. Stoisch zu sein, beruhigt mein Gemüt zumindest ausreichend in brenzligen Situationen.

    1. Ich danke dir für deine Worte. Sie passen so gut dazu. Vielleicht ist es das, ja. Und dazu kommt vielleicht, dass selektiver Mutismus so unbegreiflich ist. So unberechenbar. Man kann sprechen und dann plötzlich wieder doch nicht. Das ist selbst für Betroffene nicht logisch. Und so unlogisch wie das ist, kann es vielleicht auch einfach wiederkommen.

  4. Liebe Mara, lieber Zeporian,
    natürlich wissen wir nie, was kommen wird. Aber eins können wir doch ganz sicher sagen: Es ist immer jetzt – und Ich bin immer Ich. Das finde ich sehr beruhigend. Denn ich kann ja in jedem Jetzt die Erfahrung machen, mich innerlich zu dem gegebenen Augenblick so zu stellen, dass es hygienisch/gesund für mich ist. Als Kind hat man diese Autonomie noch nicht, aber als Erwachsener kann man sie entwickeln und Gebrauch von dieser Freiheit machen. Es ist unsere Pflicht, wenn wir uns entwickeln wollen.

    Und noch ein Gedanke dazu, nicht gewöhnt zu sein, dass das Leben einfach schön und geschmeidig laufen kann. …schon auf die nächste Aufregung/das nächste Drama zu warten…
    Das ist ganz typisch für Menschen, die in dysfunktionalen Familiensystemen aufgewachsen sind.
    Vielleicht interessiert sich jemand für dieses Selbsthilfe-Programm?
    https://erwachsenekinder.org/

    Und noch ein Gedanke: Gegen Angst, hilft es, herauszufinden, was die wirklichen eigenen Freuden sind. Ihnen nachzugehen und sie zu vermehren!!! Nachdem ich selbst durch eine sehr schwere Erkrankung nur noch ein Fünkchen Kraft hatte, ist mir aufgefallen, dass mir aus einer Freude, die in der Zukunft liegt und auf die ich zuleben kann, Kraft zukommt. Kraft und ein inneres Licht, das Ängste nicht vertragen können.

    Ich habe dazu zwei Beiträge auf meinem Blog veröffentlicht:
    https://www.das-kleine-kind.de/freude-als-grundstimmung-fuer-entwicklung/

    https://www.das-kleine-kind.de/freude-als-grundstimmung-fuer-die-erziehung/
    Himmelsoffene Adventsgrüße von Judith

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